Oder: 4500km in 11 Tagen.
Jetzt gibts von mir auch mal wieder was zu hören. Nach einigen, wunderbaren Wochen Aufenthalt bei meinem australischen Freund Sam in Adelaide gings auf einen Roadtrip ins Herz Australiens zum Uluru. Jimte, den ich im Hostel in Melbourne kennengelernt hatte, schrieb mir, dass er einen Roadtrip machen wolle. Und wie der Australier sagt „Take every gap you find in a traffic jam“ bin ich kurzentschlossen mitgekommen – keine schlechte Entscheidung, es war wunderbar!
In Adelaide haben wir uns ein kleines süßes Auto gemietet, auf dessen Dach ein „Roof Tent“ montiert war. Nach einigen Einkäufen, bei denen wir insbesondere einen Wasservorrat angelegt haben, ging es los Richtung Port Augusta, wo wir dann die erste Nacht verbracht haben. Bevor es allerdings Richtung Uluru ging, haben wir uns auf in den Nationalpark Flinders Ranges gemacht, den uns Jimtes Couchsurfing Host empfohlen hatte. Nach nur 250km auf einer wunderschönen Straße, die sich entlang der alten Ghan Strecke (Adelaide – Alice Springs) durch die Landschaft schlängelte, kamen wir in Wilpena Pound an. Entlang dieser Straße konnte ich schon einige schöne Fotos machen:
Wilpena Pound ist bekannt für eine Gebirgskette, die eine Art natürliches Amphitheater um ein großes, von Eukalyptusbäumen bewaldetes Tal bildet.
Das Highlight dieses Tages war jedoch die Fahrt zum Campingplatz bei Sonnenuntergang. Aus guten Gründen wird vom Fahren in der Dämmerung abgeraten, und so sind wir im Schneckentempo die letzten Kilometer gefahren. Die Straße schlängelte sich durch die hügelige, ins sonnenuntergangsrot getauchte, leicht buschige Landschaft. In dieser wunderbaren Kulisse, grasten hunderte Kängurus neben der Straße, die alle aufmerksam aufschauten, als wir vorbeifuhren. Außerdem haben uns noch ein Dutzend Emus ihre Köpfe entgegengestreckt. Wunder, wunder, wunderschön! DAS Highlight dieses Roadtrips für mich! Der Campingplatz, auf dem wir daraufhin ankamen, war wunderbar einsam, und nur mit einem Plumpsklo ausgestattet. Wie an jedem Abend konnte man aber dafür die Milchstraße gut erkennen.
Nachdem wir die erste Nacht in der Einsamkeit gut überstanden hatten, ging es wieder zurück nach Port Augusta, wo wir daraufhin auf den Stuart Highway fuhren – unser Highway der Begierde. Mit seinen 2900km ist er einer der längsten Straßen in Australien. Von diesen durften wir 1000km bereisen. Der aufmerksame Leser hat vielleicht bei „nur 250km“ gestockt, aber nachdem man diese Entfernungen gefahren ist, kommt einem alles unter 500km wie Kinderkacke vor. Die Wegbeschreibung war jetzt auch nicht mehr so schwer: 1024km geradeaus, links, 260 km geradeaus, dann am Kreisel die Zweite, und schon ist man da. Haha – hat trotz der kurzen Beschreibung lange gedauert. Die Highlights vom ersten Teil bis Coober Pedy in Fotos:
Die Nacht in der 30 Seelen-‚Stadt‘ Glendambo mit Sonnenuntergang:
Coober Pedy:
Das nächste Highlight war Coober Pedy. Im Prinzip die einzige Stadt zwischen Port Augusta und Alice Springs mit 3500 Einwohnern. Nach dem in den 1920er Jahren ein Junge dort Opale entdeckt hatte, setzte ein regelrechter Opalrausch ein und viele Glücksritter versuchten sich dort. Coober Pedy ist eine der wenigen Stellen auf der Welt, wo es sich noch lohnt, alleine oder zu zweit eine Mine zu betreiben und nach Opalen zu suchen. Verblüffend ist die Entstehungsgeschichte dieser: Vor Jahrmillionen bedeckte ein großer See den größten Teil des australischen Outbacks, und in diesem lebten Wirbeltiere wie Schildkröten oder Schwimmsaurier. Unter anderem diese bildeten Hohlräume, wenn sie starben und ihre Körper mit der Zeit von Sand bedeckt wurden. Als der Ozean dann austrocknete, sammelten sich in diesen Hohlräumen Silikate an und dann der Druuuuuck….. Tadaa, Opale. Und für Klugscheißer: Die Farben dieser Steine ergibt sich aus der regelmäßigen Anordnung der Silikatkristalle im Stein.
Foto Opal
Minenbesichtigung in „Tom’s Working Mine“
Ich konnte dem Opalshopping trotz begrenztem Backpacker-Budget nicht widerstehen und habe für kleines Geld tolle Stücke bekommen.
Die ganze Stadt lebt von und für die Opale. Kennzeichnend sind die kleinen Abraumhügel, die überall verteilt sind und Warnzeichen vor tiefen Löchern. Die ganze Gegend ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse, 60% der Menschen leben hier in unterirdischen Häusern (durchaus nachvollziehbar bei den Temperaturen). Eines davon haben wir besichtigt:
Die Nacht haben wir auf „Ribas Campground“ verbracht, bei dem man sogar untertage campen kann. Am nächsten Tag sind wir in die Breakaways gefahren, das Mars-ähnlichste Gebiet auf der Welt! Hier wurden die ersten beiden Filme des Hollywood-Streifens Mad-Max gedreht. Der Dritte konnte hier allerdings nicht aufgenommen werden, da es zu viel geregnet hatte und die Gegend schlicht zu gruen aussah.
Parkplatz-Schild im Nichts
Daraufhin ging es dann weiter auf dem Stuart Highway. Kurz (60km) bevor wir links abbiegen mussten, hatten wir eine Erscheinung: Ein kleiner LKW mit Anhänger fuhr vor uns und auf dem Anhänger saß ein Mann auf einem Minibagger, der uns gut gelaunt zuwinkte. Diesen haben wir dann auf dem Campingplatz beim Abendessen wiedergesehen, wo er für sich und seine Straßenbaukollegen grillte und zwei junggebliebene australische Schwestern mit Ukulele und Gesang verzauberte. Diese vergöttern ihn zu Recht – es stellte sich nämlich heraus, dass er ein Verwandter des Hawaianers „IZ“ (Somewhere over the Rainbow) ist.
Sonnenuntergang auf diesem Campingplatz in Erldunda
Bevor wir uns am nächsten Morgen Richtung Uluru aufmachten, mussten wir natürlich erst einmal aufstehen. Bevor dies allerdings möglich war, musste man jedoch erst einmal die vier Phasen des Aufwachens im Outback durchleben. Diese lassen sich passend mit „Brr“, „Fuck“, „Oh no“ und „Ok, let’s go“ bezeichnen, oder auch Ablehnung, Depression, Akzeptanz und Umsetzung. Während man sich am Abend noch gefragt hat, wie man die Nacht in dieser Hitze in seinem 6 Grad-Komforttemperatur-Schlafsack überleben soll, ist es morgens bis auf diese Temperatur herabgekühlt. „Brr“ – In der ersten Phase lehnt der Mensch den Gedanken des Aufstehens ab, da es außerhalb des Schlafsackes ja doch viel zu kalt sei. „Fuck“ – nach einigen Augenblicken merkt er jedoch, dass es so kalt ist, dass er auch in seinem ehemalig warmen Schlafsack friert. Das Öffnen der Schlaftüte scheint nun immer unausweichlicher, wärmer wirds ja nicht, die Gedanken rasen hin und her, kalt, kälter, wärmer, kälter, wärmer, kälter und „Oh no“ – er akzeptiert sein Schicksal. Diesem Schicksal zu folgen ist jedoch nicht sofort möglich, und so wird der Aufstehvorgang nach einiger Zeit der Vorbereitung mit einem „Ok, let’s go“ seinem internationalen Travelmate mitgeteilt.
So erreichten wir dann gegen Mittag nach nur 260 weiteren Kilometern das Uluru Ressort. Findig wie die Australier sind, wurde hier eine eigene Touristenstadt mit allem drum und dran 20km vom Uluru entfernt errichtet, in der man keinen Luxus der Zivilisation missen muss, solange das Portemonnaie keine Begrenzungen setzt. Uluru by feet, by bike, by plane, by Heli, Uluru by Sunset, by sunset with dinner, by Sunrise – alles kann man hier im Visitor-Centre buchen. Für die asiatischen Touristen gibt es einen eigenen „Uluru Chinese“-Reiseveranstalter mit dem besonderen Leckerbissen einer Segway-Tour um den Uluru. Abgesehen vom Kommerz, ist diese Stadt jedoch eine der schönsten, die ich hier in Australien gesehen habe, da die Straßen ausnahmsweise einmal nicht quadratisch gestaltet waren. Zu Beginn unserer Entedeckung des Ulurus war ein Besuch im Kulturzentrum obligatorisch. Der Uluru ist einer der wichtigsten religiösen und spirituellen Stätten der lokalen Aboriginals. Die als Jäger und Sammler lebende Aboriginals fanden hier alles was sie zum Leben brauchten, hatten Wasserlöcher an seinem Fuße und Stätten, an dem sie ihre Frauen- und Männerrituale durchführen (uvm.). Als die Europäer den Felsen bestiegen und auf seinem Gipfel eine Flagge einschlugen, wurden die Aborignals schwer gedemütigt. Seitdem die Aborignals ihr Land 1985 zurück erhielten und in Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung den Park gestalten, hat sich ihre Situation verbessert. Als Ausdruck des Respekts vor den Aboriginals wird der Felsen nun in ihrer Sprache Uluru genannt, anstatt dem von den Siedlern verwendeten Namen „Ayers Rock“. Ein weiteres Zeichen ist auch, dass immer weniger Leuten den Uluru erklettern. Hinweisschilder raten davon eindringlich ab, auch aus Sicherheitsgründen. Haben wir deshalb auch nicht gemacht. Wir haben stattdessen eine 10km Wanderung um den Felsen gemacht. Die Abende wurden jeweils im Sunset-Carpark verbracht. Dieser Felsen ist imposant. 10 km Umfang, die rundgeschliffenen Steine, die Farbe, seine gewaltige Höhe… Wenn man einmal da war, kann man ein wenig verstehen, warum so viele Menschen die strapaziöse Reise zu diesem Felsen aufnehmen. Im Folgenden könnt ihr ein paar Fotos sehen:
Ein besonderer Abend war der Besuch des „Field of Light“ hier. 300.000 Lampen verteilt auf einer Fläche von 5ha sind schon ein toller Anblick.
Nach zwei Tagen haben wir uns dann auf zum Kings Canyon gemacht, der ca 160km Luftliinie entfernt liegt. Mit dem Auto leider 350km. Wunderschön! Wir haben eine Wanderung auf die Spitze dieses Sandsteingebirgszuges unternommen und konnten wunderbare Ausblicke genießen. Hier wurde einem die Größe des Outbacks noch einmal bewusst: In Deutschland hätte man auf so einem Berg mit einiger Sicherheit eine Stadt oder ein Dorf irgendwo auftauchen sehen. Hier: Unbesiedelte Weiten.
Der Campingplatz war sehr schön. Ich fand diese Gegend für einen Urlaub sogar besser als den Uluru und wäre gerne länger als eine Nacht geblieben. Ein Highlight hielt die Nacht jedoch noch bereit: Um halb 1 wurde ich von einem Dutzend heulender Dingos geweckt, und sah zwei neben meinem Zelt entlanglaufen. Die Tiere haben was majestätisches an sich, ich sags schon wieder, sie sind wunderschön. Ein bisschen „scary“ – aber auch ein ganz besonderes Ereignis für mich.
Daraufhin ging es dann endgültig zurück nach Adelaide, was 3 Tage Autofahren hieß. Bei unserer ersten Rast haben uns zwei Rentnerpaare auf einen Kaffe zu sich in den Wohnwagen eingeladen. Allgemein haben wir sehr viele freundliche australische Rentner getroffen, die dem australischen „Winter“ Melbourne oder Adelaides entfliehen und für 4 Monate in den warmen Norden fahren. Zumeist in riesigen Pick-Ups mit riesigen Campinganhängern dahinter. Als Paar, mit einem anderen Ehepaar oder ganze Stadtteile mit 15 Wagen (die Gesichter der Campingplatzbetreiber möchte ich gerne mal sehen, „15 Stellplätze bitte“). Einen netter älterer Herr hatte sogar einen 48 Jahre alten Schulbus zu einem Wohnmobil umgebaut und mir diesen gerne gezeigt. Er hat 18 Jahre dafür gebraucht („Meine Frau ist schuld, die hatte immer so viele Aufgaben für mich“). Dafür war aber auch alles von Kühlschrank, Zentralheizung, Klimaanlage, bis zur eigenständigen Energieversorgung über Solarzellen und Waschmaschine vorhanden. Interessanterweise begeisterten sich gerade diese Menschen immer wieder sehr für unser Dachzelt und diese einfache, aber doch recht komfortable Weise zu reisen. Einfach war jedenfalls unsere Küche während dieser Reise: Es gab Nudeln mit Tomatensoße, mit Tomatensoße, mit Tomatensoße und Thunfisch, mit Tomatensoße und Gemüse, Reis mit Tomatensoße…
Der Salzsee Lake Hart
Sonnenuntergang bei der Rueckreise in Coober Pedy
Der letzte Abend hat uns dann wieder nach Port Augusta verschlagen, wo wir einen (sorry) wunderschönen Campingplatz in einem Conservation Park gefunden haben. Dieser liegt an der Küste und enthält 80 Golfe, die mit der Tiede mit Wasser gefüllt werden. Dieses Naturgebiet ist Brutgebiet vieler Vogelarten, und im Wasser lassen sich sogar tropische Fische finden, wie uns der einzige dort lebende Mensch aufklärte: Ein alter, vollbärtiger, rauer Biologe, der seiner Herkunft aus dem Outback Australiens alle Ehre machte. Am nächsten Tag lud er uns beide zur Kängerufütterung an seinem Haus ein und dozierte uns alles Wichtige über Kangerus. Das alles zu nennen würde jetzt zu weit führen, was ich aber für berichtenswert halte ist Folgendes: Da Kängurus einen Schädling für die Landwirtschaft ausstellen, wurden früher Jagdprämien auf die größten Kängurus ausgesetzt. Dies waren jedoch die bis zu 3m großen Männchen mit den besten genetischen Merkmalen. Da diese ausgerottet wurden, findet man heute zum einen nicht mehr diese großen Kängurus, zum anderen ist die Genetik der Kängurus dadurch soweit eingeschränkt, dass sie nicht mehr so robust gegenüber Krankeiten sind und Wissenschaftler sich ernsthaft Sorgen über die Zukunft der Kängurus machen. Ferner ist noch berichtenswert, das besagter Biologeseinen Studenten ein halbes Jahr lang bei ihren monatlichen Exkursionen in Schokolade getauchtes Kängeru-Kot als Snack verfuettert hat.
Den schönsten Sonnenuntergang dieser Reise haben wir hier erleben dürfen. Mit einem Foto von diesem und einen herzlichen Dank an meinen Reisepartner Jimte verabschiede ich mich für heute. Der nächste Blogeintrag wird über meine Zeit in der Familie Martin in Adelaide sein!
Julius, sehr unterhaltsam geschrieben und wunderschöne Geschichten und Bilder😊